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Zystitis bei Hund & Katze

Der Beitrag zeigt relevante Unterschiede bei Harnwegsinfekten zwischen Hund und Katze auf und nimmt die Guidelines der International Society of Companion Animal Infectious Disease (ISCAID) in den Fokus.

Harnwegsinfektionen beim Hund

Mehr als jeder sechste Hund hat mindestens einmal im Leben eine Infektion der unteren Harnwege, am hรคufigsten betroffen sind Hunde im Alter von sieben Jahren. In drei Vierteln der Fรคlle ist E. Coli die Ursache, in der Regel als aszendierende Infektion. Zwar stehen normalerweise lokale Mechanismen zur Erregerabwehr zur Verfรผgung, die etwa durch die Beschaffenheit des Harns, die anatomischen Bedingungen (Urethraform) oder durch das Spรผlen der Harnblase durch den Urin (und damit das Ausschwemmen von Erregern) beeinflusst werden. Verschiedene Faktoren kรถnnen jedoch verรคndert sein, sodass die Wirtsabwehr nicht mehr erfolgreich ist. Nicht immer zeigen Hunde mit einem bakteriellen Harnwegsinfekt die typischen Beschwerden wie Pollakisurie, Strangurie, Harninkontinenz oder weisen Blut im Urin auf โ€“ im Gegenteil: Rund 80 Prozent von ihnen sind asymptomatisch.

Welche Faktoren kรถnnen Harnwegsinfektionen beim Hund begรผnstigen?

Sowohl systemische als auch lokale Risikofaktoren kรถnnen prรคdisponierend fรผr Harnwegsinfekte sein. Neben dem weiblichen Geschlecht und chronischen Nierenerkrankungen gelten innere Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Morbus Cushing sowie eine รœberfunktion der Nebenschilddrรผse als belegte Risiken. Darรผber hinaus kรถnnen auch Tumorerkrankungen, die sich auรŸerhalb des Harntrakts abspielen und Virusinfektionen, wie Parvovirose, die Gefahr fรผr Infekte der unteren Harnwege erhรถhen. Diskutiert wird auch, ob ein hรถheres Lebensalter, Adipositas oder Immunsuppressiva prรคdisponierend sind, bislang gibt es jedoch keine eindeutigen Belege fรผr diesen Zusammenhang.

Als lokale Risikofaktoren gelten unter anderem:

  • Fehlbildungen an Vulva und Ureteren
  • Urolithiasis
  • Tumore des รœbergangsepithels
  • Inkontinenz
  • Faktoren, die einen Urinstau begรผnstigen (z. B. Lรคhmungen, Prostataerkrankungen, venerale Tumoren, neuromuskulรคre Harnblasenfunktionsstรถrungen)

Zudem kรถnnen Katheterisierungen, Dauerkatheter oder eine perineale Urethrostomie die Gefahr bergen, dass Keime in die Blase und unteren Harnwege einwandern.

Harnwegsinfektionen beim Hund โ€“ wie ist das diagnostische Vorgehen?

Folgende Diagnoseschritte gelten bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion:

  • Urinentnahme: Der Urin sollte mรถglichst steril entnommen werden, ideal eignet sich hierfรผr eine Zystozentese (bei aufgefangenem Urin ist das Risiko einer Kontamination mit Keimen aus der Umgebung hoch).
  • Ansetzen einer Erregerkultur: Diese sollte mรถglichst zeitnah, d. h. binnen 15 Minuten nach der Entnahme erfolgen. Es ist auch mรถglich, die Probe gekรผhlt รผber 24 Stunden aufzubewahren, es besteht jedoch ein gewisses Risiko fรผr falsch negative Ergebnisse. Ein entsprechendes Keimwachstum ist bei 37 ยฐC nach 18 bis 24 Stunden zu erwarten. Ein Ergebnis der Kultur mit 103 KbE (keimbildenden Einheiten)/ml oder mehr, ist beweisend fรผr eine Bakteriurie.
  • Antibiogramm veranlassen: Als Ergebnis des Antibiogramms lassen sich die Erregereigenschaften in sensibel, resistent und intermediรคr gegenรผber antibiotischen Wirkstoffen einteilen. Die konkreten Kriterien fรผr die Grenzwerte dieser einzelnen Bewertungen stellt das Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) in regelmรครŸig aktualisierten Fassungen zum Download zur Verfรผgung.

Hinweis:

Wurden Bakterien im Urin nachgewiesen, aber sind auch nach 24 Stunden noch keine Bakterienkulturen gewachsen, sollte die Kultur รผber weitere fรผnf Tage inkubiert bleiben. Auf diese Weise lassen sich auch sehr langsam wachsende Keime (z. B. Corynebakterien) nachweisen.

Weitere Verfahren zur Urinuntersuchung:

  • Urinspezifisches Gewicht (USG): < 1025 spricht eher fรผr eine Infektion mit E. Coli, bei Kokkeninfektionen ist der Wert in der Regel hรถher.
  • Urinsticks: Gelten als unbrauchbar (Leukozytenfeld falsch negativ beim Hund, falsch positiv bei Katzen, Nitritfeld nicht eindeutig interpretierbar, pH-Wert hรคufig sauer aufgrund der Entzรผndung)
  • Urin-Sediment: Wenige Leukozyten z. B. bei Diabetikern, bei Gabe von Immunsuppressiva oder bei Pseudomonas-Infektionen (Grenzwert 2 bis 4 Leukozyten pro Hauptgesichtsfeld), bei E. Coli-Infektionen oft fehlende Hรคmaturie, bei Kokken-Infektionen hรคufig fehlende Pyurie

Bei Infektionen, die sich auf den unteren Harntrakt beschrรคnken, sind normalerweise keine Blutwerte verรคndert.

Verdacht auf Pyelonephritis

Der Verdacht ergibt sich aus der Kombination von klinischen Beschwerden wie Fieber, Schmerzhaftigkeit im Nierenlager und positiver Erregerkultur, Leukozytose, Azotรคmie oder eventuell vorliegender Zylinder im Sediment. Es ist zudem wichtig, dem Labor vor der Anfertigung des Antibiogramms mitzuteilen, dass der Verdacht auf eine Pyelonephritis besteht. Unter Umstรคnden lassen sich sonografisch die Erweiterung des Nierenbeckens, die Abstumpfung der Papillen (Pyelektasie) und eine Erweiterung des proximalen Ureters darstellen.

Verdacht auf bakterielle Prostatitis

Bei intakten Rรผden kommt differenzialdiagnostisch auch eine Prostatitis infrage. Bei Verdacht ist neben einer Blutuntersuchung auch eine sonografische Abklรคrung (z. B. zum Nachweis von Abszessen) nรถtig. Ideal ist es, eine Erregerkultur auf der Basis eines Aspirats oder Bioptats aus der Prostata anzufertigen, alternativ ist eine Kultur durch Zystozentese gewonnenen Urins mรถglich. Um die Blut-Prostataschranke zu รผberwinden, eignen sich Fluorchinolone gut zur Therapie (nach entsprechendem Antibiogramm). Sonderfall Brucella canis: Weitere diagnostische Schritte nur bei begrรผndetem Verdacht auf die Infektion (z. B. Herkunft des Tieres aus gefรคhrdetem Gebiet, Diskospondylitis, Osteomyelitis, Uveitis). Serologie positiv: Therapie und Kastration, Kontrolltiter nach sechs Wochen, falls weiterhin positiv: Isolation des Tieres, unter Umstรคnden auch Euthanasie (nach Behรถrdenanordnung).

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren kommen vor allem bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten in Betracht.

Im Rรถntgen beurteilbar:

  • Hochgradige Nierenverรคnderungen
  • Harnblasenposition (tiefer Sitz bei Hรผndinnen im Zusammenhang mit Inkontinenz)
  • Steine: Ab einer GrรถรŸe von 3 bis 4 mm meist gut sichtbar, weniger strahlendicht sind Urate und Cystinsteine. Bei starkem Verdacht bietet sich eine Positiv-Kontrast-Darstellung an.

Mittels Kontrasturografie beurteilbar:

  • Urethra: Lรคsionen im Lumen oder der Muskulatur, Fisteln (Positiv-kontrast mittels Katheter)
  • Harnblasenposition
  • Fรผllungsdefekte im Lumen
  • Polypen und Neoplasien
  • Perinealhernien
  • Ggf. Urachusdivertikel

Die Dicke der Harnblasenwand lรคsst sich aus der Kombination von wenig Positivkontrast- mit Negativkontrastdarstellung (Luftdilatation) feststellen. Um das Risiko von Luftembolien zu vermeiden, ist es empfehlenswert, Co2 oder NO2 zu verwenden.

Ausscheidungsurografie:

Es erfolgt die Gabe von iodhaltigem Kontrastmittel (i. v.) und anschlieรŸend seriellen Rรถntgenaufnahmen (nach 1 Minute, 5 Minuten, 20 Minuten und nach 40 Minuten). Bei entsprechender Erfahrung ist auch eine perkutane Pyelografie mรถglich. Diese hat den Vorteil eine Aussage unabhรคngig von der glomerulรคren Filtrationsrate (GFR) zu erhalten.

In der Ausscheidungsurografie darstellbar sind:

  • Fรผllungsdefekte
  • kleine Steine
  • erweitertes Nierenbecken (z. B. bei akuter Pyelonephritis)
  • ektope Ureteren

Sonografie:

  • Niere: Echoรคrmer als Milz und Leber, Mark ist weniger echoreich als Rinde, der รœbergang ist normalerweise scharf abgegrenzt. NierengrรถรŸe bei der Katze: 3,0 bis 4,3 cm, beim Hund variabel. Chronische Nierenerkrankung (CNI) ist meist diffus hyperechogen (unauffรคllige Darstellung jedoch kein Kriterium fรผr Ausschluss einer CNI).
  • Harnblase und Ureteren: Darstellbar ist die Ureterenmรผndung ins Trigonum der Blase und der dort einflieรŸende Urin (Dopplerschall). Ein Stau in den Harnleitern spricht fรผr eine distale Obstruktion oder fรผr einen ektopen Ureter. Misst die Harnblasenwand bei moderater Fรผllung mehr als 3 cm Dicke, kann dies ein Hinweis auf eine Entzรผndung oder Neoplasie sein (Polypen: gestielt, รœbergangsepithelkarzinome: breite Basis). Bei rรถntgendichten Steinen sind Schallschatten zu erwarten.
  • Urethra: Verรคnderungen wie Lรคsionen oder Strikturen sind nur im proximalen Bereich darstellbar.
  • Prostata: (i. d. R. nur beim intakten Rรผden zu sehen) normalerweise symmetrisch, glatt, von homogener Echogenitรคt.
  • Endoskopie der Harnblase: Zur Darstellung von Strikturen, Proliferationen und Neubildungen, ektopen Ureteren oder auch Urachusdivertikeln.

Management der bakteriellen Harnwegsinfektion

Die ISCAID teilt die Harnwegsinfektionen in verschiedene Klassen ein, an denen sich jeweils die Behandlung orientiert.

ISCAID-Klassen fรผr Harnwegsinfektionen:

  • Sporadische bakterielle Zystitis
  • Wiederkehrende bakterielle Zystitis
  • Bakterielle Pyelonephritis
  • Bakterielle Prostatitis
  • Subklinische Bakteriurie
  • Katheter-assoziierte Harnwegsinfektionen
  • Harnwegsinfektionen im Zuge urologischer Eingriffe
  • Infektionsassoziierte Urolithen
  • Sonderformen der bakteriellen Zystitis: polypoid, enkrustierend, emphysematรถs

Sporadische bakterielle Zystitis

Diese ist definiert als Blasenentzรผndung bei einer nicht-trรคchtigen Hรผndin oder einem kastrierten Rรผden, die maximal dreimal im Jahr (mit je einem Abstand von mehr als drei Monaten) aufgetreten ist. Die Therapie besteht zunรคchst aus der Gabe nichtsteroidaler Antiphlogistika, bis das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung vorliegt. Zeigt sich nach drei bis vier Tagen keine Besserung der Symptome, kann ein Antibiotikum eingesetzt werden. Als Mittel der ersten Wahl gilt Amoxicillin (ohne Clavulansรคure), gegebenenfalls auch ein Trimethoprim-Sulfonamid-Kombi-Prรคparat. Die Behandlung sollte sich mรถglichst รผber drei Tage (max. fรผnf Tage) erstrecken. Spรผlungen der Harnblase mit desinfizierenden, antibakteriellen Lรถsungen sollten unterbleiben, da es keine Evidenz fรผr ihre Wirksamkeit gibt. Bestehen die Beschwerden nach zwei Tagen weiter, sollten andere Begleiterkrankungen abgeklรคrt werden. Bessern sich die Symptome, obwohl das Antibiogramm eine Resistenz des Erregers ergeben hat, sollte das Antibiotikum trotzdem weiter verabreicht werden. Eine Erfolgskontrolle (Harnstatus, bakteriologische Untersuchung) ist nicht erforderlich.

Management bei wiederkehrender bakterieller Zystitis

Diese liegt vor, wenn mehr als dreimal in den vergangenen zwรถlf Monaten, bzw. zwei oder mehr Zystitiden in den vergangenen sechs Monaten auftraten. Wichtig ist hier die sorgfรคltige Fahndung nach den Ursachen und die Klรคrung, ob es sich tatsรคchlich um ein Rezidiv oder eine persistierende Infektion handelt.

Die Leitlinie empfiehlt folgende Reihenfolge zur Therapie:

  • Zunรคchst Gabe von NSAIDs
  • Antibiose (wie bei sporadischer Zystitis, bei tieferer Infektion auch Fluorchinolone)
  • Behandlungsdauer: 3 bis 5 Tage (ggf. 7 bis 14 Tage)
  • Erfolgskontrolle: 5 bis 7 Tage nach Ende der Antibiose, bakteriologische Urinuntersuchung

Nicht-antibiotische Alternativen, wie Cranberry-Extrakt, D-Mannose, Harnblasenspรผlungen, Vakzinen oder ร„hnliches, gelten nach aktueller Leitlinienempfehlung als nicht empfehlenswert.

Management der bakteriellen Pyelonephritis

Die Guideline empfiehlt folgendes Vorgehen:

  • Sofortige Antibiose (auch bei Verdacht)
  • Mittel der ersten Wahl: Fluorchinolone oder Cefotaxim
  • Doppelantibiose um auch grampositive Erreger zu erreichen
  • Therapiedauer: 10 bis 14 Tage (Symptomlinderung nach 3 Tagen)
  • Erfolgskontrolle: 1 bis 2 Wochen nach Therapieende. Harnstatus, bakteriologische Urinuntersuchung, Erhebung des Kreatininwerts

Management bei bakterieller Prostatitis

Um die Blut-Prostataschranke zu รผberwinden, gelten als Antibiotika der ersten Wahl Fluorchinolone oder Trimethoprim-Sulfonamid. Falls Abszesse vorhanden sind, sollten diese drainiert werden.

  • Therapiedauer: 4 bis 6 Wochen (bleibt Besserung aus, Wechsel des Antibiotikums, ggf. BRAF-Mutationsanalyse)
  • Kastration ratsam
  • Erfolgskontrolle: Sonografie nach 8 bis 12 Wochen

Management der subklinischen Bakteriurie

Hier ist grundsรคtzlich keine Behandlung erforderlich, auรŸer es besteht der Verdacht auf eine Pyelonephritis, Septikรคmie oder auf Struvitsteine (Abklรคrung durch bakteriologische Urinuntersuchung). Hunde mit Diabetes mellitus oder Lรคhmungen kรถnnen eine geringer ausgeprรคgte Symptomatik haben, daher kann dann eine bakteriologische Untersuchung gerechtfertigt sein.

Management von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen

Die Dauer der Katheterisierung ist entscheidend fรผr die Entstehung einer Infektion. Der Katheter sollte nicht routinemรครŸig erneuert werden, sondern nur, wenn sich die Harnqualitรคt augenscheinlich รคndert oder Fieber auftritt. Auch eine routinemรครŸige Erhebung von Harnstatus oder BU ist nicht erforderlich, da in der Regel eine subklinische Bakteriurie vorliegt. Bei vorhandenen Symptomen gilt das Vorgehen wie bei der sporadischen bakteriellen Harnwegsinfektion.

Management bei Harnwegsinfektion und Zystoskopie

Vor dem Eingriff ist es wichtig, eine subklinische Bakteriurie oder sporadische bakterielle Harnwegsinfektion abzuklรคren. Eine prophylaktische Antibiose ist nicht erforderlich. Bei einer symptomatischen Bakteriurie sollte wรคhrend der Intervention die Gabe eines Cephalosporins der 1. Generation erfolgen.

Management bei Harnsteinen

Die Leitlinie empfiehlt hier stets eine bakteriologische Urinuntersuchung. Abhรคngig vom Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung und der Steinanalyse ist eine harnansรคuernde Erhaltungsdiรคt erforderlich. Besteht eine Urolithiasis mit Symptomatik, wird wie bei einer sporadischen Zystitis behandelt, jedoch รผber einen verlรคngerten Zeitraum von sieben Tagen. Eine subklinische Urolithiasis bedarf hingegen nur einer Therapie, wenn Ureasebildner nachgewiesen wurden.

Sonderformen

Neben den genannten Formen von Harnwegsinfektionen sind noch Sonderformen zu nennen, wie die

  • emphysematรถse Zystitis,
  • enkrustierende Zystitis,
  • und die polyoide Zystitis.

Harnwegsinfektionen bei der Katze

Wรคhrend es sich bei den meisten Katzen mit Harnwegsinfektionen unter 10 Jahren um eine idiopathische Zystitis handelt, weist etwa jede zweite Katze รผber zehn Jahre mit Symptomen eine Infektion der Harnwege auf.

Als Risikofaktoren gelten bei Katzen:

  • Chronische Niereninsuffizienz
  • Diabetes mellitus
  • Hyperthyreose
  • Immunsupprimierende Medikamente (nicht belegt)

Das Keimspektrum รคhnelt bei Katzen dem der Harnwegsinfektionen beim Hund. Zusรคtzlich kommen bei Katzen allerdings auch koagulase-positive Streptokokken spp. in Betracht. Weist die Kultur ein Wachstum von โ‰ฅ 103KbE/ml auf, gilt dies im Gegensatz zum Hund โ€“ unabhรคngig von der Art der Uringewinnung โ€“ als signifikant fรผr eine Infektion. Auch fรผr Katzen liegt keine Evidenz zu alternativen TherapiemaรŸnahmen vor. Im Gegensatz zum Hund sollten nichtsteroidale Antiphlogistika bei Katzen nicht routinemรครŸig zum Einsatz kommen, stattdessen jedoch Opioide. Zur Antibiose kommt Enrofloxacin aufgrund des Risikos von Retinopathien nicht infrage, eine Alternative stellt Pradofloxacin dar. Cephalosporine der 3. Generation liegen mit ihrer Wirkdauer von 21 Tagen deutlich รผber den empfohlenen Behandlungszeitrรคumen von Harnwegsinfektionen, was ihre Indikation infrage stellt.

Hauptursachen fรผr bakterielle Harnwegsinfektionen bei der Katze: Feline idiopathische Cystitis (FIC)

Bei der FIC der Katze handelt es sich um eine Stresserkrankung aufgrund neuroendokriner Ursachen. Katzen, die nicht ausreichend trinken und Urin absetzen, etwa aufgrund einer eingeschrรคnkten Mobilitรคt und verschmutzter Katzentoilette, sind gefรคhrdet, eine FIC-Episode zu entwickeln.

Als Risikofaktoren gelten:

  • Mรคnnliches Geschlecht
  • Mittleres Alter
  • รœbergewicht
  • Haltungsbedingungen und Stress
  • Typische Symptome der FIC bei Katzen sind:
  • Erhรถhte Harnabsatzfrequenz
  • Inadรคquates Urinieren
  • Strangurie
  • Hรคmaturie

In den meisten Fรคllen treten die Symptome akut auf und sind selbst limitiert auf einen Zeitraum von acht bis zehn Tagen. Bei einer ersten FIC-Episode reicht es aus, eine Urolithiasis auszuschlieรŸen. Bei wiederkehrender Symptomatik sollten andere Erkrankungen (z. B. Neoplasien) abgeklรคrt werden. Wichtig fรผr die Diagnostik ist zudem die Anamnese, in der Stressereignisse in frรผhen Lebensphasen und Komorbiditรคten abgefragt werden sollten. Darรผber hinaus gilt es, Probleme rund um die Toilettenhygiene abzuklรคren (Sauberkeit, falsche Streu usw.). Uriniert eine Katze etwa immer wieder an den gleichen (unpassenden) Ort, kann dies ein entscheidender Hinweis sein.

Labordiagnostik

Ein spezifisches Gewicht bei < 1025 spricht fรผr eine Erkrankung, die die Konzentrationsfรคhigkeit der Nieren herabsetzt, bei > 1060 fรผr ein entzรผndliches Geschehen. Typisch ist eine hรคmorrhagische Entzรผndung mit vielen Erythrozyten und wenig Leukozyten im Sediment. Der Nachweis von Kristallen ist bei einer nicht-obstruktiven FIC nicht relevant.

Therapie der akuten FIC

Zur Analgesie kรถnnen Buprenorphin (oral) oder Butorphanol (oral) eingesetzt werden, unter Umstรคnden auch ein Fentanyl-Pflaster. Sehr รคngstliche Katzen kรถnnen im Akutfall auch von einer Sedation mit Azepromazin und dessen zusรคtzlichem spasmolytischen Effekt profitieren. Besonders wichtig sind auรŸerdem alle MaรŸnahmen, die Stress und Angst vermeiden. Daher empfiehlt es sich, fรผr eine ruhige, angenehme Umgebung zu sorgen.

Nicht-pharmakologische Therapie der chronischen FIC

In erster Linie gilt es, die Haltungsbedingungen der Katze zu modifizieren (MEMO, Multimodal Environmental Modification). Dazu zรคhlen:

  • Ausreichende Anzahl Katzentoilette (Motto 1+1, z. B. bei drei Tieren vier Toiletten)
  • Sichere Plรคtze schaffen
  • Fรผr Abwechslung sorgen (z. B. Trinkbrunnen)
  • Spielzeug
  • Geruchsneutrale Einstreu
  • MaรŸnahmen, um Konflikte unter mehreren Tieren zu vermeiden
  • Fรผttern von Urinary-Diรคten (Umstellung in angemessenem Tempo)
  • Falls erforderlich: Gewichtsreduktion

Zur Stressreduktion kรถnnen Nahrungszusรคtze (mit Alpha-Casozepin, L-Tryptophan), Pheromone oder beruhigende Dรผfte eingesetzt werden, sofern die Mittel oder ihre Anwendung selbst keinen Stress hervorrufen.

Pharmakotherapie der FIC

Greifen die nicht-pharmakologischen MaรŸnahmen nicht, kann eine Gabe von Medikamenten angezeigt sein. Zum Einsatz kommen dabei Antidepressiva wie Amitriptylin, Clomipramin und Fluoxetine. Weder fรผr Prรคparate mit Glucosaminoglykane, Chondroitinsulfat und ร„hnliches, noch fรผr den Einsatz von Glukokortikoiden konnten positive Effekte gezeigt werden.

Fazit

Eine Therapie von Harnwegsinfektionen bei Hund und Katze ist nur bei symptomatischer Bakteriurie angezeigt, symptomlose Bakteriurien bedรผrfen normalerweise keiner Behandlung. Grundsรคtzlich sollten eine bakteriologische Urinkultur angelegt sowie ein Resistenztest durchgefรผhrt werden. Bis auf wenige Ausnahmen betrรคgt die Behandlungszeit bei Harnwegsinfektionen weniger als eine Woche. Nicht-antibiotische Alternativen weisen bislang keine Evidenz auf. Bei Katzen, die jรผnger als zehn Jahre sind, gilt die FIC als hรคufigste Ursache von Harnwegssymptomen. Akute FIC-Episoden sind normalerweise selbst-limitierend. Aktuell gelten MEMO-MaรŸnahmen und die Fรผtterung von Urinary-Diรคten als zielfรผhrend.

Quellen:

Zitzl, J.: Update Zystitis bei Hund und Katze. Justus-Liebig-Universitรคt GieรŸen, 2021

Aktuelle Guideline der International Society for Companion Animal Infectious Diseases (ISCAID): Guidelines | ISCAID (Abruf: September 2021)

Harrer, J., Dorsch, R.: Bakterielle Harnwegsinfektionen und subklinische Bakteriurie des Hundes: eine aktuelle รœbersicht. Tierarztliche Praxis. Ausgabe K Kleintiere Heimtiere 2020; 48(04): 270-284 DOI: 10.1055/a-1220-1950

Teichmann-Knorrn, S., Dorsch, R.: Signifikante Bakteriurie bei der Katze: bakterielle Harnwegsinfektion und subklinische Bakteriurie. Ludwig-Maximilian-Universitรคt Mรผnchen, Tierรคrztliche Praxis Ausgabe Kleintiere Heimtiere, Vol. 46, Nr. 4: S. 247-257 DOI: 10.15654/TPK-180521

Forrester, S.D., Towell, T.: Feline idiopathic Cystitis. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2015 Jul;45(4):783-806. doi: 10.1016/j.cvsm.2015.02.007.